Inside advisca University - Bias in der Personalentscheidung: Wie unbewusste Vorurteile das Recruiting beeinflussen

Die etwas andere Universität, in der unsere Student:innen ihre theoretischen Take-Aways der Woche mit uns teilen.

Grundlagen von Bias in der Personalentscheidung

Ein Bias bezeichnet eine systematische Verzerrung oder ein Vorurteil in der Wahrnehmung, Bewertung oder Entscheidungsfindung. Bias kann sowohl bewusst als auch unbewusst auftreten und führt dazu, dass bestimmte Informationen, Gruppen oder Einzelpersonen bevorzugt oder gar benachteiligt werden. In der Personalentscheidung kann ein Bias die objektive Bewertung von Bewerbenden beeinflussen und somit die Fairness und Effektivität des Recruiting beeinträchtigen. Bias entstehen häufig durch kognitive Abkürzungen, soziale Stereotype oder persönliche Vorlieben und können zu Ungerechtigkeiten und ungleichen Chancen führen.

In den folgenden Abschnitten einige Bias vorgestellt, die im Bereich der Personalauswahl am häufigsten vorkommen. 

Gender Bias

Der Geschlechterbias (Gender Bias) beschreibt die Tendenz, Kandidat:innen aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlich zu bewerten oder zu behandeln. Im Kontext des Personalwesens betrifft der Geschlechterbias nicht nur die Rekrutierung, sondern auch die Bezahlung. Im Jahr 2022 betrug der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau 9.5%. Dieser Unterschied ist noch grösser in Top-Positionen – das heisst, je höher die Hierarchiestufe, desto grösser fällt der geschlechterspezifische Lohnunterschied aus.

 

Studienergebnis:

  • Die Studie von Moss-Racusin et al. (2012) zeigte, dass identische Bewerbungen für eine wissenschaftliche Position unterschiedlich bewertet wurden, je nachdem, ob der Name der sich bewerbenden Person männlich oder weiblich war. Männliche Bewerber wurden als kompetenter eingeschätzt, hatten bessere Chancen auf die Stelle, und erhielten höhere Gehaltsvorschläge als ihre weiblichen Gegenstücke. Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie tief verankerte, unbewusste Geschlechtervorurteile die Karrierechancen von Frauen in der Wissenschaft negativ beeinflussen können.

Similarity Bias

Der Ähnlichkeits-Bias (Similarity Bias) tritt auf, wenn Personalverantwortliche Personen bevorzugen, die ihnen in irgendeiner Weise ähnlich sind, sei es in Bezug auf Hintergrund, Interessen oder Eigenschaften. Dies kann dazu führen, dass Bewerbende, die sich von der Norm unterscheiden, benachteiligt werden und somit die Vielfalt im Unternehmen eingeschränkt wird.

 

Studienergebnis:

  • Die Studie von Castilla und Benard (2010) zeigt, dass Personalverantwortliche häufig Personen bevorzugen, die ihnen in Bezug auf Demografie und beruflichen Hintergrund ähnlich sind, was zu Benachteiligungen anderer Kandidat:innen führt. Diese Bevorzugung beeinträchtigt insbesondere Frauen und ethnische Minderheiten, indem deren Chancen auf Beförderungen und Anerkennung reduziert werden. Die Studie verdeutlicht die Notwendigkeit, den Ähnlichkeits-Bias zu erkennen und Massnahmen zur objektiveren Bewertung von Mitarbeitenden zu ergreifen.

Confirmation Bias

Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias) ist die Tendenz, Informationen so zu interpretieren, dass sie bestehende Überzeugungen und Hypothesen bestätigen, und widersprüchliche Daten ignoriert oder abgewertet werden. Dieser Bias beeinflusst Entscheidungsprozesse, indem er zu einer verzerrten Wahrnehmung und Beurteilung von Informationen führt. 

 

Studienergebnis:

  • Eine Studie von Nickerson (1998) zeigt, dass Menschen häufig dazu neigen, Informationen zu selektieren, die ihre initialen Überzeugungen unterstützen. In der Personalentscheidung kann dies dazu führen, dass Recruiter:innen Kandidat:innen bevorzugen, deren Profile bereits bestehende Erwartungen erfüllen, ohne objektive Kriterien zu berücksichtigen.

Stereotype Bias

Der Stereotypen-Bias (Stereotype Bias) tritt auf, wenn Entscheidungen basierend auf verallgemeinerten Annahmen über Gruppen von Menschen getroffen werden.

 

Studienergebnis:

  • Die Studie von Steele und Aronson (1995) zeigt, dass Stereotypbedrohung* die Leistung von Personen beeinträchtigen kann, wenn sie sich der Möglichkeit bewusst sind, dass ihre Leistung negative Stereotype bestätigen könnte. In ihren Experimenten schnitt eine Gruppe afroamerikanischer Studierender schlechter ab, wenn ihnen gesagt wurde, dass der Test ihre intellektuellen Fähigkeiten messen würde. Im Gegensatz dazu war ihre Leistung nicht beeinträchtigt, wenn der Test als „Kreativitätstest“ dargestellt wurde. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass die Angst, stereotype Erwartungen zu erfüllen, die tatsächliche Leistung negativ beeinflussen kann. Die Studie unterstreicht die Bedeutung, Stereotypbedrohung in Bildungs- und Arbeitsumgebungen zu minimieren, um faire Bedingungen für alle Personen zu schaffen.

* Stereotypbedrohung bezeichnet die Angst von Mitgliedern einer sozialen Gruppe, durch ihr Verhalten negative Stereotype über diese Gruppe zu bestätigen. Diese Angst kann zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung führen, indem sie das Verhalten so beeinflusst, dass es tatsächlich dem Vorurteil entspricht.

Halo Effekt

Der Halo-Effekt beschreibt die Tendenz, eine Gesamtbewertung einer Person basierend auf einer einzelnen besonders positiven oder besonders negativen Eigenschaft vorzunehmen.

 

Studienergebnis:

  • In der Studie von Asch (1946) wurde untersucht, wie die Beschreibung eines einzelnen Persönlichkeitsmerkmals die Gesamtbewertung einer Person beeinflussen kann. Die Teilnehmenden erhielten unterschiedliche Beschreibungen einer Person, die entweder positiv („warm, freundlich“) oder negativ („kalt, unfreundlich“) waren. Asch fand heraus, dass eine positive Beschreibung die Wahrnehmung anderer Merkmale dieser Person, wie Intelligenz und Attraktivität, ebenfalls positiv beeinflusste. Umgekehrt führte eine negative Beschreibung zu einer insgesamt negativen Bewertung der Person. Diese Ergebnisse zeigten, dass der Halo-Effekt die Gesamtwahrnehmung einer Person stark verzerren kann, basierend auf einer einzigen herausragenden Eigenschaft.

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